Eigentlich weilte Pater Friedrich Kretz nur deshalb in Mühlhausen, um nach seiner aufreibenden Aufgabe als Generalrektor eine Auszeit in seiner Heimatgemeinde zu nehmen und gleichzeitig seine Eltern zu betreuen. Was der engagierte Kirchenmann daraus machte, das wissen die Kirchengemeinden der beiden Seelsorgeeinheiten Mühlhausen und Rauenberg wohl zu schätzen. Pater Kretz selbst gibt zu, dass er in dieser Zeit – nach langen Jahren in der Leitung seiner Gemeinschaft an höchster Stelle – in den letzten drei Jahren „Geschmack an der Seelsorge“ gefunden habe und durch die vielen Kontakte erst jetzt ein „echter Mühlhäuser“ geworden sei. Pfarrer Dr. Thomas Stolle und Pfarrer Joachim Vieth dankte er für das „unkomplizierte Miteinander“. Deshalb war auch die Pfarrkirche St. Cäcilia in Mühlhausen beim sonntäglichen Gottesdienst sehr gut besetzt, auch über 50 Ministranten aus allen sechs Kirchengemeinden waren trotz der Ferienzeit bestens vertreten, und auch der Kirchenchor St. Cäcilia unter der Leitung von Martin Ritz dankte mit Liedern.
Pater Kretz engagierte sich in diesen drei Jahren überall, wo man ihn brauchte. Man schätze ihn als wortgewaltigen Prediger, der auch mit kritischen Worten über seine Kirche nicht sparte. Er war gefragt bei freudigen und traurigen Anlässen, bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, bei Vorträgen, Gesprächen und Begegnungen. Als Fan des 1. FC Mühlhausen mischte er sich sonntags unter die Zuschauer. Im Gespräch erzählt er von seiner Entscheidung für den Priesterberuf und für die Gemeinschaft der Pallottiner: „Gott geht es um den Menschen“, so Pater Kretz. „Deshalb ist mein Platz, unser Platz als Pallottiner mitten unter den Menschen. Wir wollen jeder und jedem von Gottes unendlicher Liebe und Barmherzigkeit erzählen. Darum versuchen wir, in unseren vielfältigen Aufgaben den Menschen zu helfen, dass ihr Leben gelingt. Wir wollen sie auf ihrem Lebensweg begleiten“.
Das sind für Pater Kretz auch die Gründe, warum seine Gemeinschaft nicht in Klöstern lebt. „Unser Platz ist mitten im Leben. Unsere Aufgabe ist es, durch unser Leben, Tun und Beten, Gott zur Sprache zu bringen“, so seine Feststellung. Gemeinsam habe man die tiefe Überzeugung, dass alle Christen zusammengehören. Nicht nur der Geweihte, sondern jede und jeder habe von Gott eine eigene, persönliche Berufung erhalten. Diese „von Gott geschenkten Fähigkeiten“ müsse er in die Gemeinschaft einbringen. Ganz in diesem Sinne sieht Pater Kretz auch seine neue Aufgabe, die er jetzt als Vizerektor im Missionshaus der Pallottiner in Limburg an der Lahn übernimmt.
Worte, die nachdenklich machen sollen, richtete Pater Kretz in seiner Predigt an die Gottesdienstbesucher. Es seien viele Gedanken und Gefühle, die ihn jetzt beim Abschied aus Mühlhausen bewegten. In allen sechs Kirchen der Seelsorgeeinheiten rund um den Letzenberg habe er Gottesdienste feiern dürfen. Alle Gotteshäuser seine inzwischen viel zu groß für die immer kleiner werdende Schar der Gläubigen. Da dränge sich die Frage auf: Was ist aus dem Glauben geworden, der im Elternhaus, bei der Erstkommunion und bei der Firmung vertieft werden sollte? Dazu wählte der Prediger einen Vergleich aus der Landwirtschaft: Aus einer einzigen, gesteckten Saatkartoffel seien viele neue Kartoffeln gewachsen. Er rief die Gemeinden dazu auf, nicht nachzulassen, „neue Glaubenskartoffeln“ zu stecken, die dann vielleicht Früchte tragen. Dazu gehöre auch, die „Kreuze des Alltags“ mit all ihren Herausforderungen zu tragen. „Es gibt keinen Weg zum Leben am Kreuz vorbei“ so der Prediger.
Am Schluss des Gottesdienstes dankte die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Mühlhausen, Erika Link, Pater Friedrich Kretz für die Aufgeschlossenheit, mit der er die Herzen von Jung und Alt erobert habe. Das vielfältige Engagement sei beispielhaft, vor allem bei seinen „mutigen Predigten“ habe man viele Gedanken mit in den Alltag nehmen können. Deshalb gehe ein herzlicher Dank an den Pater für die „Begleitung auf dem Glaubensweg“. Pfarrer Joachim Viedt sprach ein herzliches Dankeschön für das „ständige Einspringen“ in den beiden Seelsorgeeinheiten. Als „Pater der Herzen“ habe er sich durch seine Bodenständigkeit und Leutseligkeit viele Sympathien erworben. „Gott braucht unsere Arme und Füße“, so die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Roswitha Schöttler aus Rauenberg. In diesem Sinne habe Pater Kretz „viel Gutes bewirkt“, einerseits mit seinem humorvollen Schwung, andererseits vor allem mit der lebensnahen Auslegung des Glaubens.
Für die Gemeinde Mühlhausen dankte Bürgermeisterstellvertreter Hans-Josef Hotz dafür, dass sich Friedrich Kretz in vielen Lebensbereichen als uneigennütziger Ansprechpartner erwiesen habe. Dadurch habe er sich bei vielen Ratsuchenden großes Vertrauen erworben. Mit seinem Lieblingskuchen, einer Linzertorte, und weiteren kleinen Geschenken bedankten sich die Ministranten aus den sechs Kirchengemeinden, bevor sich die Gemeinde mit Pater Kretz in der Kirche und auf dem Kirchplatz zur Begegnung und zum Gespräch traf.