Rauenberg. (BeSt) Josef Dirnbeck, der 1948 im österreichischen Burgenland geborene katholische Theologe, Buchautor und Theaterregisseur, der sich als Kind des Konzils sieht, war auf Einladung der Seelsorgeeinheit Rauenberg zu Gast im Rauenberger Pfarrzentrum und referierte zu dem Thema „Um was es damals beim II Vatikanischen Konzil (1962-65) wirklich ging, was es gebracht hat und was an Verwirklichung noch aussteht“.
An den Beginn seiner Erzählungen stellte er seine persönliche Erfahrung als junger Ministrant mit dem altehrwürdigen Messbuch der Kirche, in dem der lateinische Kanon durch den Ortspfarrer handschriftlich verändert wurde, nachdem Papst Johannes XXIII diese Kanon-Änderung zu Beginn seines Pontifikates 1958 erlassen hatte. Mit dieser kleinen Änderung sei die psychologische Barriere hin zu Veränderungen in der Kirche damals geschickt gebrochen worden. Im Januar 1959 habe der damalige Papst die Kirche mit der öffentlichen Ankündigung eines Konzils in einem live-übertragenen Gottesdienst vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Konzil tagte von Oktober 1962 bis Dezember 1965 im Petersdom in Rom. Der Reformstau und die unbeantworteten Probleme der damaligen Zeit, die seit dem Mittelalter durch die Kirche unbeantwortet blieben, waren immens. Der Kompromiss-Papst, Johannes XXIII, der aus einem Konklave mit nur 55 Bischöfen hervorging, erkannte diese Zeichen der Zeit und handelte danach. Mit viel Witz gelang es Dirnbeck in seinem Vortrag immer wieder die Verworrenheit der römischen Kurie und der katholischen Kirche aufs Korn zu nehmen. So bemerkte er, dass die Schere zwischen der Kirchenbasis und der nächst höheren Ebene, der der Bischöfe, immer weiter auseinandergehe, nicht nur Inhaltlich sondern auch zahlenmäßig. Die europäischen Gemeinden kämpfen mit einem immer größer werdenden Priestermangel, die Anzahl der Bischöfe steige aber beharrlich. Am Beispiel der Papstkrone Tiara zeigte der Autor fachkundig im Kirchenjargon, wie häufig Päpste mit den Anliegen ihrer Vorgänger brachen und plötzlich problemlos Gegenteiliges bestimmten. Der österreichische Theologe nannte die Themen des II Vaticanums wie die Ökumene zu anderen Religionen und die Reform der Gottesdienst-Liturgie (in Landessprache und unter Beteiligung der Gemeinde) als gelungen. Dirnbeck sieht die Ergebnisse des Konzils im Laien-Apostolat (alle Getauften sind Apostel), in der Kirche als Gemeinschaft von Glaubenden und nicht als hierarchische Organisation, in einer Grundhaltung des geduldigen Dialogs auf Augenhöhe mit jedem und allem nach 50 Jahren als zu wenig umgesetzt. Er erklärte, wie das Konzil ab 1963 durch Papst Paul VI und die römische Kurie ausgebremst wurde. Das Thema Zölibat beispielsweise wurde dem Konzil entzogen und nach 1969 wurden meist ultrakonservative Bischöfe ernannt, dass die Konzilsgedanken in den Ortskirchen keine Frucht tragen konnten. Das II Vatikanische Konzil sei der Versuch der Kirche gewesen, einen Sprung in die Zukunft zu machen, so der nun in Würzburg lebende Theologe.
Mit einem Blick auf den Wertegang Benedikt XVI am Vorabend seines Pontifikatsendes versuchte Dirnbeck den Anwesenden zu erklären, warum der Papst eine solch bewahrende Position in den letzten acht Jahren vertreten hat. Für Ratzinger sei die Zeit nach dem Konzil eine Katastrophe für die Kirche gewesen.
Magister Josef Dirnbeck schloss sich in seinem Fazit Johannes XXIII an: „Die Kirche braucht einen Papst nicht so wichtig zu nehmen, denn die Kirche ist nicht der Papst und die Bischöfe, sondern die Kirche sind alle Gläubigen, das Volk Gottes.“
Nach dem Vortrag nutzten die Anwesenden die Möglichkeit, sich mit dem Kirchenspezialisten auszutauschen.